Ich verlor mein Geld… und fühlte mich frei zum ersten Mal

Der Bildschirm wurde schwarz. Nicht wegen eines Absturzes – weil ich gerade mein Konto geleert hatte.

Kein dramatischer Zusammenbruch. Keine Sirenen. Keine Warnungen. Nur Stille. Eine einzige Nachricht: »Guthaben: 0,00 €«

Und dann – ein Atemzug.

Keine Erleichterung. Keine Panik. Sondern etwas Seltenes: Klarheit.

Ich saß in meinem dunklen Loft in Chicago, die Nacht summt hinter dem Fenster wie altes Jazz auf Wiederholung. Die Stimme meiner Mutter hallte aus der Erinnerung: »Du musst nicht gewinnen, um ganz zu sein.« Ich hatte nie zugehört.

Die Illusion der Kontrolle

In meiner Arbeit als UX-Psychologin habe ich untersucht, wie Spiele uns das Gefühl von Macht vermitteln – selbst wenn wir nichts beeinflussen können. Der Dreh des Rades? Keine Zufälligkeit – Choreografie. Der Jackpot? Eine berechnete Falle. Gewinnen ist kein Ziel – es ist eine Illusion.

Wir spielen nicht zum Gewinnen, sondern um zu glauben, dass wir gewinnen könnten. Der Dopamin-Schub kommt nicht von Münzen – sondern von der Hoffnung, die jedes Mal neu entfacht wird, wenn man »Drehen« drückt. Das ist kein Glück – das ist psychologisches Gerüst aus Erwartung gebaut.

Und doch… spielte ich weiter mit denselben Ritualen: tägliche Kontrollen, streak-Tracking, kalkulierte Risikogrenzen wie heilige Schrifttexte. Alles unter dem Vorwand, es sei Spaß – nicht Therapie unterhaltend verpackt.

Wenn Aufgeben zur Befreiung wird

An jenem Abend änderte sich alles – nicht weil ich Geld verlor (obwohl es wehtat), sondern weil ich aufhörte, mir selbst etwas vorzumachen über meinen Grund fürs Spielen. Drei Jahre lang sagte ich mir: »Nur noch eine Runde.« The Ausrede war immer Leistung: Strategie, Disziplin, datengestützte Entscheidungen – Rechtfertigungen um einen Hunger nach Bestätigung durch Ergebnisse gewickelt. The Wahrheit? Schmerzhaft zu sagen: Ich war hier nicht wegen des Spiels. Ich war hier wegen Beweises dafür, dass ich es besiegen konnte – und damit etwas über mich selbst beweisen wollte.*

Als mein Guthaben bei null ankam… fühlte es sich nicht wie Versagen an. Es fühlte sich an wie Befreiung – ein leiser Seufzer nach zu langer Atempause.* Das System hatte keine Macht mehr über mich mehr nicht durch Sieg - sondern durch meine Entscheidung aufzuhören zu spielen.*

Jenseits des Siegens: Eine neue Routine

Keine täglichen Drehungen mehr. Kein präzises Protokollieren von Gewinnen oder Verlusten mehr。

Stattdessen begann ich nach jedem Spiel zu schreiben — auch wenn nichts passiert war.r Nicht zur Datensammlung — sondern zur emotionalen Kartierung.r Was hat dieses Spiel gefühlt? War es Aufregung? Angst? Langeweile getarnt als Spannung?r Jeder Eintrag wurde weniger über Ergebnisse und mehr über Anwesenheit.r Ich bemerkte Muster:r

• Der Drang kam am stärksten um 21 Uhr — wenn Einsamkeit hereinbrach.r
• Meine Finger wurden schneller bei Stress am Arbeitsplatz.r
• Das Geräusch des drehenden Rades rief Erinnerungen an Brettspiele mit meinem Vater wach — der niemals Regeln klar erklärt hat.r Dies war keine Glücksspielsucht — es war Trauer getarnt als Gameplay.r

Was Freiheit heute fühlt r

Freiheit heißt nicht, nie wieder zu verlieren. Es heißt: Nicht länger so sehr vor dem Verlust Angst zu haben, dass man spielt nur um das Leere-Gefühl zu vermeiden.*r Heute frag ich beim Öffnen einer Spiel-App nicht mehr: »Wie kann ich gewinnen?«r Sonern: »Wovor fliehe ich gerade?«r Wenn die Antwort Angst oder Leere ist — dann spiele ich — fünf Minuten lang.r nicht zum Beherrschen,r rsondern um mich selbst wahrzunehmen.r—um laut zu sagen: *Dieser Moment zählt auch.r—auch wenn sich nichts ändert.r—auch wenn kein Gold regnet.r—auch wenn nur Stille bleibt — Stille — und ich,rnoch hier bin,rnoch atme,rnoch echt bin.